Brexit: Was wird aus der deutsch-englischen „Limited“?von Ulrike Cristina

Die „Brexit-Entscheidung“ unserer Nachbarn steckt allen noch in den Knochen und jeden Tag tun sich neue Fragen auf, die solange nicht sicher beantwortet werden können, wie der Austrittsvertrag Großbritanniens aus der EU nicht abschließend verhandelt wurde.
Ein Aspekt bezieht sich auf die englische Variante der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Private Company Limited by Shares (Ltd.), die sich vor ca. 10 Jahren auch in Deutschland großer Beliebtheit erfreute. Der EuGH hatte sich im Rahmen der Niederlassungsfreiheit festgelegt, so dass auch deutsche Registergerichte diese Ableger der englischen Mini-GmbHs mit deutschem Inhaber eintragen mussten, wodurch die Rechtsfähigkeit auch hierzulande gewahrt wurde. In Deutschland tritt die Zweigniederlassung auf, erkennbar an dem Kürzel „Ltd.“ Auch für kleinere Handwerksbetriebe und Dienstleister schien es damals attraktiv, eine englische Ltd. für die Berufsausübung zu gründen: In England sicher registriert und in Deutschland tätig. Statt des persönlich verantwortlichen Einzelkaufmannes haftete die in London oder Birmingham in einem Briefkasten beheimatete Gesellschaft, die im Gegensatz zu damaligen deutschen Gesetzen, mit wenig Grundkapital von nur 1 Pfund und ohne Notareinsatz ins Leben gerufen werden konnte.
Aber jetzt fragen sich die Gelehrten natürlich: Was wird aus den „deutschen Limiteds“ mit ihren abhängigen Zweigniederlassungen, wenn Großbritannien nicht mehr an die Rechtsprechung des EuGH und die Niederlassungsfreiheit gebunden ist und dadurch eine gegenseitige Anerkennung der auf dem Markt tätigen Gesellschaften nicht mehr verlangt werden kann? Fehlt die Anerkennung der Gesellschaft am Hauptsitz, stirbt die Zweigniederlassung oder spaltet sie sich in zwei Teile?
Statt fantasievoll zu spekulieren, braucht der deutsche Unternehmer mit formalem Sitz in Großbritannien für jeden Fall seine Exit-Strategie, denn schon heute kann man mit den vorhandenen rechtlichen Instrumenten Lösungen für die Zukunft erarbeiten, die von Sitzverlegung mit Umwandlung über Verschmelzung mit deutschen Gesellschaften zu Neugründungen geht. Wichtig ist vor allem, das Problembewusstsein des Unternehmers zu wecken, der von Großbritannien aus hier deutsche Zweigstellen unterhält. Denn jede Lösung funktioniert wunderbar, solange es nicht zum Haftungsfall kommt. Wenn dieser bei unsicherer Rechtslage einträte, könnte dann doch wieder der Gesellschafter persönlich haften, denn mit seiner Zweigniederlassung würde er in Deutschland wieder wie ein Kaufmann behandelt und das sollte ja gerade ausgeschlossen werden.
Aufgewacht durch den Ansturm der deutschen Unternehmer auf die englische Ltd. hat der deutsche Gesetzgeber 2008 eine vergleichbare Gesellschaftsform auf dem Markt gebracht: die „UG (haftungsbeschränkt)“ – die Unternehmergesellschaft, die ebenfalls mit nur 1 Euro Gesellschaftskapital starten kann. Diese „Mini-GmbH“ ist besonders für Neugründungen geeignet, die mit wenig Kapital und beginnen und das Haftungsrisiko gering halten möchten. Nach dem kostengünstigen Einstieg und Gründungskosten ab ca. € 500,00 muss die Nachwuchs-GmbH sich aber auch entwickeln, denn es besteht eine Ansparpflicht zur Aufstockung des Kapitals, damit aus ihr einmal eine richtige GmbH werden kann, wenn sie € 25.000,00 erreicht hat.

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