Energieeffizienz in bunten Bildernvon Ulrike Cristina

Als das Europäische Parlament und der Rat am 19. Mai 2010 die Richtlinie Nr. 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verabschiedete, sollten die Vorteile für den Verbraucher im Vordergrund stehen: wer eine energieeffiziente, sprich modern isolierte und vorbildlich umweltverträglich beheizbare Immobilie erwarb oder nutzte, sollte die Mehrinvestition in Energieersparnis und Umweltverträglichkeit umsetzen können und damit die Nachfrage bestimmen. Da eine Richtlinie in den EU-Mitgliedsstaaten nicht direkt angewendet wird, sondern nationale Vorschriften verlangt, entsteht in Europa seit der Gültigkeit ab Januar 2013 ein verwirrend unterschiedliches Bild. Abgesehen von der technischen Kritik der mangelhaften Vergleichbarkeit der Messtechnik und Aussagekraft des Energieausweises, fängt es schon bei der Ausstellungspflicht an.
In Deutschland ist bei Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Gebäuden nach der Energieeinsparverordnung ein Energiebedarfsausweis auszustellen. Käufer, Mieter, Pächter oder Leasingnehmer eines bebauten Grundstücks, Wohnungs- oder Teileigentums ist nur auf Verlangen „unverzüglich“ ein Energieausweis „zugänglich“ zu machen.
In Italien dagegen ist, abgesehen von den Auflagen an Neubauten, bei jeder Übertragung von Wohnraum ein Energieausweis auszuhändigen bzw. bereitzustellen. Unabhängig davon, ob es um Kauf, Miete, Tausch, Schenkung, Pacht geht, hat der Eigentümer für die Vorlage und Information oder für das reine Vorhandensein Sorge zu tragen. Andernfalls können Strafen bis € 18.000 drohen. Kein italienischer Notar darf ohne Vorlage des Ausweises und Bestätigung der Kenntnisnahme durch den Erwerber einen Verkauf beurkunden.
Die Gültigkeit des Ausweises ist europaweit von vorneherein auf 10 Jahre begrenzt. In Italien gibt es zudem seit 2016 die Möglichkeit, die Gültigkeit auf 1 Jahr zu beschränken, nämlich dann, wenn bis zum 31.12. des Vorjahres die jährlichen Wartungen der Heizungs- und Warmwasseranlage nicht nachgewiesen werden kann. Da der Energieausweis in Italien nicht wie in Deutschland zwischen 25 und 50€ kostet, sondern das Vielfache (je nach Gebäude zwischen €100 und €1000), ist diese Beschränkung für den Eigentümer sicher eine zusätzliche Belastung.
Und die Adressaten des Ausweises, die ja den Einsatz des Eigentümers honorieren sollten, legen dieses Dokument mit den schönen bunten Diagrammen zu den Akten, denn der Seeblick oder das Meerespanorama zählt als Verkaufsargument immer noch mehr als die Energieeffizienz. Vielleicht sehen sie es ja in 10 Jahren anders, wenn der folgende Erwerber bei der Ferienimmobilie auf Solarpaneele oder isolierte Dachstühle achtet.

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