Category Archive for ‘Allgemein @en’

Des Handelsvertreters hartes Brotby Ulrike Cristina

Viele Vertragsverhältnisse regeln gegensätzliche Interessen, um zu einem gemeinsamen Erfolg zu kommen, so z.B. zwischen Unternehmen und externem Verkaufspersonal. Hier muss der Spagat gelingen zwischen den Interessen des Herstellers einerseits und denen des selbständigen Handelsvertreters andererseits.
Der Unternehmer sieht am liebsten sein Produkt bei allen potentiellen Kunden weltweit auf das Beste präsentiert und strebt ein sicheres, gepflegtes und betreutes Kundennetz an, das stabile Umsätze garantiert, möchte aber nur den wirklich engagierten und erfolgreichen selbständigen Vertreter nach erfolgreich abgeschlossenem Geschäft umsatzabhängig vergüten, wenn er ganz im Sinne seiner Firmenpolitik auftritt und ihm die lokalen Schwierigkeiten fern hält. Im Idealfall vereint er mit seinem Vertreter die Vorteile des selbständig tätigen Ortskenners, der aber seinen Anweisungen zur Unternehmensstrategie Folge leistet und zahlungskräftige Kunden damit überzeugt. Wenn die Beziehung ins Wanken gerät, sieht er allerdings eher eine unmotivierte Schlafmütze, die nur von den Umsätzen im vorhandenen Kundennetz profitieren will.
Der Handelsreisende selbst, zumal wenn er als Vertragsgebiet im Ausland tätig ist, muss die Gegensätze zwischen deutscher Mentalität und örtlichen Ansichten der Kunden ausgleichen, wenn er den Namen des Unternehmens positiv präsentieren möchte, um Umsätze zu steigern und davon seine Provision kassieren zu können. Im Spannungsfeld zwischen dem Anspruch an seine Tätigkeit und dem in Euro gemessenem Erfolg kommt es da häufig zu Missverständnissen. Bekommt er Kunden- und Herstellerinteressen nicht unter einen Hut, ist der Unternehmer unzufrieden und stellt ihn kalt.
Um das Kräfteverhältnis angemessen zu regeln, aber vor allem die schwächere Position des Vertreters zu schützen, hat die EU bereits 1986 eine Richtlinie erlassen, die in allen Mitgliedsstaaten in das nationale Recht umgesetzt wurde. Knackpunkte für den Unternehmer sind danach die auch vertraglich nicht auszuschließenden Rechte des Vertreters bei der Beachtung von Kündigungsfristen und der Zahlung einer Abfindung zum Ende der Vertragsbeziehung. Und meistens ist es das Unternehmen, das sich vom ungeliebten Vertreter schnell und kostengünstig trennen will.
Das Pflichtprogramm heißt ja nicht, dass der Unternehmer nicht dennoch eine zufriedenstellende Vertragsgrundlage schaffen kann. Vor allem ist es wichtig, gut nach dem Einsatzort zu differenzieren. Die EU ist nicht gleichbedeutend mit dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), in letzterem z.B. gelten die strengen Schutzregeln für den Handelsvertreter nicht. Auch ist es ratsam sicherzustellen, dass man sich nicht am Einsatzort des Vertreters streiten muss, wenn dieser die Firmenpolitik nicht richtig umsetzt oder aber wenn er weitere Provisionszahlungen reklamiert.
Wer als international tätiges Unternehmen mit einem Netzwerk aus Handelsvertretern erfolgreich sein will, hat also Vertragsmuster in der Schublade, die ausreichend individuell und gleichzeitig in den Regelungen einheitlich sind.

Wer hat Angst vorm „bösen“ UN-Kaufrecht?by Ulrike Cristina

Eigentlich ist das einheitliche UN-Kaufrecht (oder englisch abgekürzt CISG) eine echte Erfolgsstory: heute sind 85 Länder von rund 200 insgesamt dem Übereinkommen der Vereinten Nationen, das 1980 in Wien geschlossen wurde und 1991 in Kraft trat, beigetreten. Und es sind nicht abwegige Insel- und Zwergstaaten, die sich zum CISG bekennen: abgesehen von der Europäern (leider ohne GB, Irland, Portugal, Malta), findet sich auch China, Russland und USA friedlich vereint im gemeinsamen Ziel der Förderung des Außenhandels. Das ehrgeizige Ziel war und ist es, den weltweiten Handel von beweglichen Waren nach einheitlichen, transparenten Regeln abzuwickeln und dabei die Besonderheiten von kulturellen, sprachlichen und örtlichen Distanzen zu überwinden.
Wenn man deutsche Kaufleute nach dem CISG fragt, zucken sie häufig mit den Achseln, auch wenn sie seit Jahren im Außenhandel aktiv sind, haben sie die internationalen Regeln vorsorglich umschifft, um sich bei Verträgen lieber auf „deutsches Recht“ zu verlassen. Der Witz dabei: das CISG ist deutsches Recht. Leider wird es gerade bei deutschen Exporteuren häufig unterschätzt, die den Standardsatz „anwendbar ist das deutsche Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts“ in ihre Verträge oder AGB eingebaut haben und diesem Automatismus vertrauen. Siegt da die Angst vor dem Unbekannten? Es gibt auch Vorteile, die dem deutschen Verkäufer, Hersteller, Exporteur entgehen, wenn er sich auf sein nationales Rechtsgefühl verlässt.
Abgesehen von einer einheitlichen Regelungsgrundlage auch mit Kunden aus Ländern, deren Mentalität man nicht gut kennt, die Verfügbarkeit des Textes in vielen Sprachen, ist die Tendenz des CISG klar: der Handel soll gefördert werden, das ist die Basis und nutzt gerade auch dem deutschen Verkäufer.
Im Gegensatz zum steiferen Grundkonzept des 19. Jahrhunderts bei Handelsgesetzbuch und BGB kann der anbietende Kaufmann auf internationaler Ebene z.B. seine Meinung viel einfacher ändern und sein Angebot noch widerrufen, Ersatzlieferungen dürfen nur bei wirklich schwerwiegenden Vertragsverletzungen verlangt werden, denn das Geschäft soll ja laufen. Die Schutzrechte der Verbraucher müssen im internationalen B2B-Bereich nicht gefürchtet werden, man bleibt unter sich.
Wenn dennoch etwas schief läuft, ist der Schaden auf den Voraussehbaren zu beschränken. Die Zahlung der Ware erfolgt am Sitz des Verkäufers. Wer bereits hinter seinem Geld um die halbe Welt hinterher gejagt ist, der wird dies sicher zu schätzen wissen.
Das soll natürlich nicht heißen, dass man alle alten Vertragsklauseln unbesehen über Bord werfen soll, aber mit Bedacht gewählt, gibt man dem deutschen vereinheitlichten Recht im Außenhandel eine echte Chance!

„Zwergenaufstand“ gegen VWby Ulrike Cristina

Verwundert nimmt das Publikum zur Kenntnis, dass es bei VW an mehreren Standorten zu Produktionsengpässen und sogar zur Ankündigung von Kurzarbeit gekommen ist (vgl. FAZ 22.08.2016), da es im Streit mit Zulieferern nicht zu einer Einigung gekommen ist. Betroffen sind verschiedene Standorte, denn die Firmen Car Trim (Stoffe) ES Automobilguss (Getriebeteile) liefern die bestellten Zubehörteile nicht aus. Die VW-Anwälte kämpfen mit einstweiligen Verfügungen und überlegen, die Teile selbst ins Werk zu holen, die Zulieferer, die zu ein und demselben Prevent-Konzern (www.preventgroup.com/de) gehören, waren aber gut vorbereitet: Ohne Material, keine Produktion. Das gilt für einen Marktriesen wie VW wie für jeden anderen.
Die Details und Gründe des Streits sind sicher zu komplex, als dass sie hier dargestellt werden könnten. Interessant ist vielmehr das Signal, das ein Zulieferer als vermeintlicher “Underdog“ setzt. Seit gut 20 Jahren hat die globalisierte Wirtschaft Kauf- und Zuliefererverträge langsam aber sicher „umgedreht“ und das als Gegenentwurf zu den gesetzlichen Vorstellungen und Machtverhältnisses. Früher war es der Kunde, der vom Produzenten „wie ein König“ behandelt werden sollte. Er erfragte ein Angebot und erkundigte sich nach den Verkaufsbedingungen. Heute ist er es, der König selbst, der dem Produzenten Einkaufsbedingungen diktiert und wann, was und wie geliefert werden soll. Kontrollen im Hause des Produzenten, unangekündigte Qualitätsprüfungen während der Produktion, Vorgaben bei der Materialbeschaffung und Preisgestaltung, Pflichtrabatte und viele Spielereien mehr lassen dem Produzenten nicht viel Wahl, wenn er überhaupt erfolgreich an einen Großkunden verkaufen will. Dem breiten Publikum sind vor dem Fall VW die Preisschlachten der Discounter im Lebensmittelbereich sicher noch in guter Erinnerung, der Aufschrei der Milchbauern, die nicht mehr kostendeckend produzieren konnten, da ihnen der Milchhandelskönig einfach zu wenig bot.
Da der Preis nicht endlos zu drücken ist, werden in einigen Branchen Zusatzvereinbarungen interessant: der Produzent, der früher auf Auftrag fertigte, ist heute z.B. gehalten, selbst Produkt- und Materialforschung zu betreiben, damit sein König das gewünschte zukünftige Produkt begutachten und ihm im besten Fall dann den Auftrag erteilen kann. Nicht der Besteller, sondern der Hersteller trägt damit das Risiko des Misslingens des extern gewünschten Produkts.
Wie würde sich der gute Karl Marx wundern: Kapitalisten waren seiner Meinung nach die, welche die zur Produktion notwendigen Produktionsmittel wie Boden, Fabriken und Maschinen besitzen. Die Zulieferer in einem globalen Markt, als ein Teil der kapitalistischen Wertschöpfungskette, die mit billigeren Produzenten wetteifern müssen, sehen das sicher anders: die „herrschende Klasse“ ist schon lange König Kunde, wenn er in bedeutendem Umfang einkauft.
In dem aktuellen Fall wird König VW ausnahmsweise einmal nicht viele Alternativen haben, wenn die Produktion weiter laufen soll und Prevent als einziger an der Quelle der erforderlichen Bezugsstoffe und Getriebeteile sitzt.

Sterben und Erben in Europaby Ulrike Cristina

Zum 17.08.2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung im EU-Bereich in Kraft getreten, die sich auf alle Erbfälle „mit Auslandsberührung“ bezieht (Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012.)
Dies ist in den letzten Jahren eine immer häufiger auftretende Konstellation: Oma hat ein Ferienhaus in der Toskana und Geld auf einer niederländischen Bank geparkt oder Opa ist nach Griechenland gezogen, um dort Oliven anzubauen und verstirbt dort. Oder aber Opa ist mit Oma vor 60 Jahren aus Italien eingewandert und sie haben in der alten Heimat noch Vermögen. Der Sinn der Verordnung ist klar, nämlich im EU-Raum einheitliche Regeln für die Behandlung von Erbfällen mit Auslandsbezug zu haben. Schließlich sind die potentiellen Erblasser viel investitions- und umzugsfreudiger geworden.
Abgesehen von den ganz praktischen Problemen, mit denen die Erben mit einem Todesfall im Ausland zu kämpfen haben, kann es aufgrund der überall in der EU geltenden Neuregelung zu Überraschungen kommen. Anders als in den vorangehenden Jahren, wo allein die Staatsangehörigkeit ausschlaggebend für das angewandte Erbrecht war, wird nunmehr für alle Rechtswirkungen des Erbfalles auf das Recht am letzten Aufenthaltsort abgestellt. So stehen die deutschen Kinder als Erben auf einmal vor den Regeln des spanischen Erbrechts, da der Vater seit Jahren auf Mallorca die Sonne genoss, bevor er dort verstarb.
Um Überraschungen zu vermeiden, ist es folglich ratsam, zu Lebzeiten vorzubeugen: natürlich kann jeder EU-Bürger sein Heimatrecht behalten, egal, wo er seinen Lebensabend verbringt. Aber dafür muss er eben diesen Willen ausdrücklich in einem Testament schriftlich festlegen. So vererbt der Auslandsrentner weiter nach seinem Heimatrecht. Genauso wie der sesshaft gewordenen EU „Gastarbeiter“, dem der Weg ins ehemalige Heimatland zu weit geworden ist.
Das allerdings, was kein EU Bürger ändern kann, sind die nationalen Vorschriften zur Annahme und Umsetzung der Erbschaft. Wie konkret das Ferienhaus auf die Erben übertragen wird, hängt immer noch von den Regeln des Ortes ab, an dem sich das Haus befindet. Gerade bei Immobilien oder Bankguthaben gibt es in der EU sehr unterschiedliche Rechtsgrundlagen. In manchen Staaten sucht man vergeblich nach dem Grundbuch und wundert sich über die Anforderungen der Banken, wenn man als Erbe an sein Geld möchte.
Ein anderer Aspekt sind die Erbschaftssteuern, für die es grundsätzlich keine Doppelbesteuerungsabkommen gibt: da kann es passieren, dass man vom deutschen und ausländischen Finanzamt gleich doppelt zur Kasse gebeten wird. Besser also man überlegt rechtzeitig, wie man seinen Erben Ärger und teure Lösungen ersparen kann.

Titel-Shopping bei Rechtsanwältenby Ulrike Cristina

Im Rahmen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in der EU gilt auch für Rechtsanwälte die freie Wahl, überall innerhalb Europas ihre Beratungen anzubieten (Richtlinie 98/05 EG).
Wer jetzt meint, dass es reicht, die Koffer zu packen, die Berufsbezeichnung in die jeweilige Landessprache zu übersetzen und ein Schild an die Tür zu hängen, der irrt: soweit geht die Liebe der europäischen Mitgliedsstaaten zueinander dann doch nicht.
Während die Richtlinie vorschreibt, dass der Berufstitel, wie er erworben wurde, auch im Ausland geführt werden muss, regeln die konkreten Voraussetzungen für die Anwaltstätigkeit die jeweiligen Landesgesetze – und das mit ganz unterschiedlichen Anforderungen z.B. bezüglich der Weiterbildungspflichten. Während Deutschland auf Fachanwaltstitel als Fortbildungsmotivator der Anwälte setzt, ist es in Italien für alle Anwälte nach Berufsrecht seit 2010 Pflicht, sich jährlich über mindestens 60 Stunden fortzubilden, sonst droht der Ausschluss aus der Anwaltskammer.
Natürlich kann der „Rechtsanwalt“ nach den Regeln der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit vor der spanischen Anwaltskammer auch beantragen, als „Abogado“ zugelassen zu werden, der „Avvocato“ vor der deutschen Kammer als „Rechtsanwalt“ usw. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller eine Angleichungsprüfung zum örtlich geltenden Recht macht.
Leider ist das angestrebte Ziel der Richtlinie, ein harmonischer Binnenmarkt, noch nicht erreicht: Bisher sind die Anforderungen an die Studien- und Berufsabschlüsse sowie Zulassungsbedingungen zum Anwaltsberuf nicht in allen EU-Ländern gleich. Dies machen sich findige Studenten und professionelle Anbieter – um nicht zu sagen Verkäufer von Studienabschlüssen – zunutze, die im Sinne des „Titel-Shoppings“ nach der einfachsten Zulassung zum Anwaltsberuf in Europa Ausschau halten. Beliebt ist der Erwerb des Studiums und/oder der Abschluss im sonnigen Spanien („Abogado“) oder im großzügigen Rumänien („Avocat“). Gestützt wird diese sehr freie Berufstitelwahl auch vom europäischen Gerichtshof: auf Klage von zwei Italienern, Universitätsabsolventen mit dann erworbenem spanischen Berufstitel, wurde die italienische Anwaltskammer verpflichtet, diese als „ausländische Anwälte“ zuzulassen, obwohl sie das nun wirklich nicht waren. So kamen die Italiener über die einfachere Angleichungsprüfung dann zu dem angestrebten verheißungsvollen Berufstitel „Avvocato“ – und sparten sich die strenge nationale Anwaltsprüfung.
Der Verbraucher als Rechtssuchender blickt bei dieser Titelvertausch- und Wechselmöglichkeit nicht mehr durch, denn wer fragt den Anwalt vor der Beratung nach Universitätsabschlüssen, Staatsexamen oder Zulassungsurkunde? Zudem leidet der gute Ruf des Anwaltstitels – egal in welchem EU-Land.

Italienisches Blitzlichtgewitter von hintenby Ulrike Cristina

So manchem wird der tolle Urlaub durch ein dickes Knöllchen noch im Nachhinein verhagelt: seit der konsequenteren Umsetzung der Rechtshilfe im Europäischen Rechtsraum (Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen vom 18. Oktober 2010) muss der Urlauber z.B. bei Geschwindigkeitsübertretungen mit dem Pkw fürchten, dass das einfache Ignorieren des Ausländischen Zahlungsbescheids keine „wirksame Hilfe“ mehr ist. Für die Vollstreckung von EU-Geldsanktionen ist die Vollstreckungsstelle beim Bundesamt für Justiz zuständig. Sie wird auf Antrag der anderen EU-Staaten tätig, wenn es um Geldbußen über 70 Euro geht.
Schwierig ist es gerade dann, wenn man sich an den Vorfall überhaupt nicht erinnern kann. In Italien wird bei der Geschwindigkeitsmessung und auch bei anderen Verkehrsverstößen von hinten „geblitzt“. Darauf ist ein deutscher Fahrer nicht wirklich vorbereitet. Die Identität des Fahrers ist für die Haftung nach italienischem Verkehrsrecht nicht erheblich, denn der Halter ist immer auch neben einem anderen Fahrer als Gesamtschuldner für die Sanktion mitverantwortlich.
Während man die Einschätzung und Kontrolle der Fahrgeschwindigkeit ohne weiteres im Griff haben kann, ist es bei den „ZTL“, Zona di traffico limitato, den Gebieten des begrenzten Verkehrs, die sich gerade in italienischen Innenstädten immer größerer Beliebtheit erfreuen, deutlich schwieriger. Auf der Suche nach einem Parkplatz im Innenstadtbereich passiert man dann unbemerkt die Grenze dieser Verbotszone für den normalen Verkehr und schon sind 80 Euro fällig. Die „ZTL“ werden natürlich durch Schilder angezeigt, aber häufig nur auf Italienisch oder neben einer Reihe weiterer Hinweise, die der Fahrer in einer unbekannten Umgebung ohnehin so schnell nicht aufnehmen kann. Zudem beachten die meisten Navigationsgeräte diese Gebiete nicht und führen den Touristen kreuz und quer durch verbotenes Terrain: das ergibt die schönsten und kostspieligsten Ferienfotoalben mit Schnappschüssen des Pkw von hinten!
Wenn die italienischen Ordnungskräfte den Fahrer sofort erwischen und die gekürzte Sanktion nicht sofort begleicht, können sie ihm noch innerhalb der folgenden 100 Tage einen Bescheid mit der vollen Summe hinterhersenden. Der fotografierte Verstoß darf sogar innerhalb von 360 Tagen am deutschen Wohnsitz des Halters zugehen.
Wer als Halter allerdings nicht selbst gefahren ist und sich verteidigen möchte, hat noch die Möglichkeit, einer Vollstreckung in Deutschland entgegenzutreten, denn hier gilt die Halterhaftung eben nicht.

Energieeffizienz in bunten Bildernby Ulrike Cristina

Als das Europäische Parlament und der Rat am 19. Mai 2010 die Richtlinie Nr. 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verabschiedete, sollten die Vorteile für den Verbraucher im Vordergrund stehen: wer eine energieeffiziente, sprich modern isolierte und vorbildlich umweltverträglich beheizbare Immobilie erwarb oder nutzte, sollte die Mehrinvestition in Energieersparnis und Umweltverträglichkeit umsetzen können und damit die Nachfrage bestimmen. Da eine Richtlinie in den EU-Mitgliedsstaaten nicht direkt angewendet wird, sondern nationale Vorschriften verlangt, entsteht in Europa seit der Gültigkeit ab Januar 2013 ein verwirrend unterschiedliches Bild. Abgesehen von der technischen Kritik der mangelhaften Vergleichbarkeit der Messtechnik und Aussagekraft des Energieausweises, fängt es schon bei der Ausstellungspflicht an.
In Deutschland ist bei Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Gebäuden nach der Energieeinsparverordnung ein Energiebedarfsausweis auszustellen. Käufer, Mieter, Pächter oder Leasingnehmer eines bebauten Grundstücks, Wohnungs- oder Teileigentums ist nur auf Verlangen „unverzüglich“ ein Energieausweis „zugänglich“ zu machen.
In Italien dagegen ist, abgesehen von den Auflagen an Neubauten, bei jeder Übertragung von Wohnraum ein Energieausweis auszuhändigen bzw. bereitzustellen. Unabhängig davon, ob es um Kauf, Miete, Tausch, Schenkung, Pacht geht, hat der Eigentümer für die Vorlage und Information oder für das reine Vorhandensein Sorge zu tragen. Andernfalls können Strafen bis € 18.000 drohen. Kein italienischer Notar darf ohne Vorlage des Ausweises und Bestätigung der Kenntnisnahme durch den Erwerber einen Verkauf beurkunden.
Die Gültigkeit des Ausweises ist europaweit von vorneherein auf 10 Jahre begrenzt. In Italien gibt es zudem seit 2016 die Möglichkeit, die Gültigkeit auf 1 Jahr zu beschränken, nämlich dann, wenn bis zum 31.12. des Vorjahres die jährlichen Wartungen der Heizungs- und Warmwasseranlage nicht nachgewiesen werden kann. Da der Energieausweis in Italien nicht wie in Deutschland zwischen 25 und 50€ kostet, sondern das Vielfache (je nach Gebäude zwischen €100 und €1000), ist diese Beschränkung für den Eigentümer sicher eine zusätzliche Belastung.
Und die Adressaten des Ausweises, die ja den Einsatz des Eigentümers honorieren sollten, legen dieses Dokument mit den schönen bunten Diagrammen zu den Akten, denn der Seeblick oder das Meerespanorama zählt als Verkaufsargument immer noch mehr als die Energieeffizienz. Vielleicht sehen sie es ja in 10 Jahren anders, wenn der folgende Erwerber bei der Ferienimmobilie auf Solarpaneele oder isolierte Dachstühle achtet.

Geometer: verbindliche Dienstleistungby Ulrike Cristina

Eine Figur, auf die deutsche Immobilienerwerber und Eigentümer in Italien in jedem Falle früher oder später treffen, ist der „geometra“ – wörtlich übersetzt „Geometer“ oder „Geodät“. Er gehört zu einer Berufsgruppe, die nach deutschen Maßstäben irgendwo zwischen Bauzeichner, Statiker, Architekt und Vermessungstechniker einzuordnen ist.
In Italien bieten Geometer, die über einen technischen Fachschulabschluss verfügen, viele unterschiedliche Dienstleistungen an wie z.B. Bauplanungen, -durchführungen und -leitungen, Katasterberichtigungen, Eintragung von Erbfolgen, Wertgutachten, Bausicherheitsprüfungen, Energiezertifikate und vieles mehr. In den seltensten Fällen wird der Geometer der deutschen Sprache mächtig sein, deshalb ist es umso wichtiger, vorab Art, Umfang und Kosten der Beauftragung einwandfrei zu klären. Wenn nichts Konkretes vereinbart wird, entstehen Missverständnisse, gerade bei Bauvoranfragen.
Der deutsche Kunde möchte „ganz unverbindlich“, also kostenfrei oder zu einem niedrigen Pauschalpreis, wissen, ob er die Terrasse überdachen kann oder das Dachgeschoß ausbauen und der Geometer macht einen Ortstermin, hört sich die Wünsche an, nimmt eventuell Maß und legt nach einiger Zeit eine einfache Grundrisszeichnung ohne Massangaben vor. Einerseits ist dies für den Interessenten nur die halbe Arbeit, denn meistens möchte er auch wissen, was ein solches Projekt ungefähr kostet. Andererseits hat der Geometer bereits sein erstes, gesetzlich bestimmtes Honorar verdient.
Da das Baurecht und Bauplanungsrecht in Italien andere Voraussetzungen verlangen als das deutsche Recht, gibt es häufig böse Überraschungen bei der Rechnung, insbesondere, wenn sich der Eigentümer am Ende entscheidet, das Projekt nicht weiter zu verfolgen oder nicht mit eben diesem Geometer.
Die Baunebenkosten sind in Italien grundsätzlich höher als in Deutschland und je nach Lage der Immobilie erfordert ein Bauprojekt den zusätzlichen Einsatz von Geologen, Ingenieuren und anderen Technikern mit Spezialtiteln. Leider klären diese häufig den potenziellen Kunden vor Beginn ihrer Leistungen nicht genügend auf.
Nach dem Honorargesetz der Berufsgruppe der Geometer ist bereits die Bauvoranfrage als sog. Vorprojekt, also als die grobe Bewertung einer baulichen Ausgangslage, nach Tarif zu vergüten. Ausgehend vom Wert des Gebäudes bzw. des voraussichtlichen Projekts können Vermessen, Bewerten, Zeichnen, Anfragen bei der Gemeinde, Ortstermine und vieles mehr als Einzelposten in Rechnung gestellt werden. Das sind dann häufig Rechnungen, die zwischen €3000 und €5000 liegen und den zukünftigen Bauherrn endgültig abschrecken. Auch in Italien kann man Aufträge und Preise individuell vereinbaren, wichtig ist, dies rechtzeitig zu tun.

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