Kampf gegen Filesharing: Urheberrechte vs. Familienschutzvon Ulrike Cristina

Das Thema „Filesharing“ erhitzt viele Gemüter, denn fast jeder Internetanschlussinhaber kann in die unangenehme Lage kommen, plötzlich als gemeiner Rechtsbrecher angegangen zu werden. Im Namen des Urheberrechtsschutzes von Film- und Medienvertreibern lebt eine ganze Branche von Rechtsanwälten gut davon, nachdrückliche Abmahnungen, Kosten- und Schadenersatzforderungen an die vornehmlich privaten Inhaber der Anschlüsse zu senden, die anderen im Internet angeblich unerlaubt geschützte Werke zur Verfügung gestellt haben.
Nach dem ersten Schock über das Abmahnschreiben, stellen sich dem angeblichen Schurken und Empfänger sofort einige Fragen: wieso soll ich etwas anderen zur Verfügung stellen, wenn ich nur mir einen Film runterlade? Es wird mir persönlich doch durch verschiedene Portale ganz problemlos angeboten! Oder: Wieso soll ich mich verpflichten, etwas zu unterlassen, das ich nicht gemacht habe? Die Antworten können echtes Geld wert sein, denn die geforderten Abmahngebühren und Schadenersatzforderungen liegen zwischen im Schnitt €500 und €1000, zudem wird unmissverständlich mit Klage und weiteren Forderungen gedroht.
Die Welle der Abmahnklagen erreichte durch das Urteil des BGH aus Oktober 2016 einen nachhaltigen Dämpfer. Galt bis dahin für den Anschlussinhaber eher das Motto „mitgehangen, mitgefangen“, wurden die Anspruchsteller auf ihre Beweispflicht nach Urhebergesetz verwiesen: Keine Haftung ohne eindeutiges Verschulden durch den Anschlussinhaber. Für die kriminalistische Frage des „Wer war’s?“ muss der Anschlussinhaber zwar seiner „sekundären Darlegungslast“ genügen, einer Prozesspflicht, die die Abmahner als das für sie günstige „Verpetzen mit Ausforschungspflicht“ auslegten. Der BGH schränkte ein, es bestehe 1) keine generelle Vermutung, dass der Inhaber des Anschlusses auch der Täter sein muss und 2) genüge es, wenn er die Mitbenutzer benenne, eine Täterermittlung oder Computerdurchsuchung sei nicht seine Pflicht. Gegen Eingriffe dieser Art sei seine Familie durch die Grundrechtscharta und das Grundgesetz geschützt.
Der konkrete Verweis auf familiäre Mitnutzer des Internetanschlusses ist danach eine sichere Methode, sich die Abmahner vom Hals zu halten. Doch damit konnten sich die Urheberrechtsinhaber und professionalen Mahner natürlich nicht zufrieden geben. Über das LG München kommt jetzt wieder Schwung in die Debatte, denn die Richter legten dem EuGH die Frage vor, ob eine solche Handhabung des urheberrechtlichen Anspruchs auf Schadenersatz eine „wirksame und abschreckende Sanktion“ bei Urheberrechtsverletzungen im Wege des Filesharing darstellt, denn diese fordere dagegen das europäische Recht von den Mitgliedstaaten (Richtlinien 2001/29/EG und 2004/48/EG).
Einer Verfolgungspflicht der Bösewichte ist natürlich grundsätzlich zuzustimmen, aber warum geht man die Problematik nicht an der Wurzel des Übels an und geht endlich gegen die illegalen Filesharing Plattformen selbst vor? Für den Verbraucher wäre das echter Rechtsschutz – für die Abmahnindustrie dagegen ein Desaster.

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