Sterben und Erben in Europavon Ulrike Cristina

Zum 17.08.2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung im EU-Bereich in Kraft getreten, die sich auf alle Erbfälle „mit Auslandsberührung“ bezieht (Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012.)
Dies ist in den letzten Jahren eine immer häufiger auftretende Konstellation: Oma hat ein Ferienhaus in der Toskana und Geld auf einer niederländischen Bank geparkt oder Opa ist nach Griechenland gezogen, um dort Oliven anzubauen und verstirbt dort. Oder aber Opa ist mit Oma vor 60 Jahren aus Italien eingewandert und sie haben in der alten Heimat noch Vermögen. Der Sinn der Verordnung ist klar, nämlich im EU-Raum einheitliche Regeln für die Behandlung von Erbfällen mit Auslandsbezug zu haben. Schließlich sind die potentiellen Erblasser viel investitions- und umzugsfreudiger geworden.
Abgesehen von den ganz praktischen Problemen, mit denen die Erben mit einem Todesfall im Ausland zu kämpfen haben, kann es aufgrund der überall in der EU geltenden Neuregelung zu Überraschungen kommen. Anders als in den vorangehenden Jahren, wo allein die Staatsangehörigkeit ausschlaggebend für das angewandte Erbrecht war, wird nunmehr für alle Rechtswirkungen des Erbfalles auf das Recht am letzten Aufenthaltsort abgestellt. So stehen die deutschen Kinder als Erben auf einmal vor den Regeln des spanischen Erbrechts, da der Vater seit Jahren auf Mallorca die Sonne genoss, bevor er dort verstarb.
Um Überraschungen zu vermeiden, ist es folglich ratsam, zu Lebzeiten vorzubeugen: natürlich kann jeder EU-Bürger sein Heimatrecht behalten, egal, wo er seinen Lebensabend verbringt. Aber dafür muss er eben diesen Willen ausdrücklich in einem Testament schriftlich festlegen. So vererbt der Auslandsrentner weiter nach seinem Heimatrecht. Genauso wie der sesshaft gewordenen EU „Gastarbeiter“, dem der Weg ins ehemalige Heimatland zu weit geworden ist.
Das allerdings, was kein EU Bürger ändern kann, sind die nationalen Vorschriften zur Annahme und Umsetzung der Erbschaft. Wie konkret das Ferienhaus auf die Erben übertragen wird, hängt immer noch von den Regeln des Ortes ab, an dem sich das Haus befindet. Gerade bei Immobilien oder Bankguthaben gibt es in der EU sehr unterschiedliche Rechtsgrundlagen. In manchen Staaten sucht man vergeblich nach dem Grundbuch und wundert sich über die Anforderungen der Banken, wenn man als Erbe an sein Geld möchte.
Ein anderer Aspekt sind die Erbschaftssteuern, für die es grundsätzlich keine Doppelbesteuerungsabkommen gibt: da kann es passieren, dass man vom deutschen und ausländischen Finanzamt gleich doppelt zur Kasse gebeten wird. Besser also man überlegt rechtzeitig, wie man seinen Erben Ärger und teure Lösungen ersparen kann.

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