Wer hat Angst vorm „bösen“ UN-Kaufrecht?by Ulrike Cristina

Eigentlich ist das einheitliche UN-Kaufrecht (oder englisch abgekürzt CISG) eine echte Erfolgsstory: heute sind 85 Länder von rund 200 insgesamt dem Übereinkommen der Vereinten Nationen, das 1980 in Wien geschlossen wurde und 1991 in Kraft trat, beigetreten. Und es sind nicht abwegige Insel- und Zwergstaaten, die sich zum CISG bekennen: abgesehen von der Europäern (leider ohne GB, Irland, Portugal, Malta), findet sich auch China, Russland und USA friedlich vereint im gemeinsamen Ziel der Förderung des Außenhandels. Das ehrgeizige Ziel war und ist es, den weltweiten Handel von beweglichen Waren nach einheitlichen, transparenten Regeln abzuwickeln und dabei die Besonderheiten von kulturellen, sprachlichen und örtlichen Distanzen zu überwinden.
Wenn man deutsche Kaufleute nach dem CISG fragt, zucken sie häufig mit den Achseln, auch wenn sie seit Jahren im Außenhandel aktiv sind, haben sie die internationalen Regeln vorsorglich umschifft, um sich bei Verträgen lieber auf „deutsches Recht“ zu verlassen. Der Witz dabei: das CISG ist deutsches Recht. Leider wird es gerade bei deutschen Exporteuren häufig unterschätzt, die den Standardsatz „anwendbar ist das deutsche Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts“ in ihre Verträge oder AGB eingebaut haben und diesem Automatismus vertrauen. Siegt da die Angst vor dem Unbekannten? Es gibt auch Vorteile, die dem deutschen Verkäufer, Hersteller, Exporteur entgehen, wenn er sich auf sein nationales Rechtsgefühl verlässt.
Abgesehen von einer einheitlichen Regelungsgrundlage auch mit Kunden aus Ländern, deren Mentalität man nicht gut kennt, die Verfügbarkeit des Textes in vielen Sprachen, ist die Tendenz des CISG klar: der Handel soll gefördert werden, das ist die Basis und nutzt gerade auch dem deutschen Verkäufer.
Im Gegensatz zum steiferen Grundkonzept des 19. Jahrhunderts bei Handelsgesetzbuch und BGB kann der anbietende Kaufmann auf internationaler Ebene z.B. seine Meinung viel einfacher ändern und sein Angebot noch widerrufen, Ersatzlieferungen dürfen nur bei wirklich schwerwiegenden Vertragsverletzungen verlangt werden, denn das Geschäft soll ja laufen. Die Schutzrechte der Verbraucher müssen im internationalen B2B-Bereich nicht gefürchtet werden, man bleibt unter sich.
Wenn dennoch etwas schief läuft, ist der Schaden auf den Voraussehbaren zu beschränken. Die Zahlung der Ware erfolgt am Sitz des Verkäufers. Wer bereits hinter seinem Geld um die halbe Welt hinterher gejagt ist, der wird dies sicher zu schätzen wissen.
Das soll natürlich nicht heißen, dass man alle alten Vertragsklauseln unbesehen über Bord werfen soll, aber mit Bedacht gewählt, gibt man dem deutschen vereinheitlichten Recht im Außenhandel eine echte Chance!

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