Der Schiedsrichter wird’s richten?

Wer sich mit internationalen Vertragsbeziehungen beschäftigt, egal, ob zwischen Privaten oder im B2B-Bereich, stößt früher oder später auf die Figur des Schiedsrichters – klar, nicht den mit der Pfeife und dem Kartensatz, aber die Vorstellung ist gar nicht so weit davon entfernt. Wenn zwei Parteien aus unterschiedlichen Ländern und eventuell komplett anderen Kulturen ins Geschäft kommen und dies schriftlich fixieren, trauen sie dem (unbekannten) Regelwerk des anderen wenig. Im Zweifel funktioniert der Rechtsschutz im Vertragsland immer anders und damit schlechter als man es von zu Hause gewohnt ist. Also sucht man nach einer individuellen, neutralen Lösung, um sich im Streitfall nicht vor einem fremden Gericht wiederzufinden. Eine Schiedsgerichtsvereinbarung kann in einigen Fällen von großem Vorteil sein, denn die Parteien entziehen ihren zukünftigen Streit um Geldangelegenheiten den staatlichen Gerichten. Sie können sich flexibel für den Tagungsort des Gerichts und deren Besetzung entscheiden. Es können Techniker, Ingegnieure, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Architekten berufen werden, die sich – anders als ein staatlicher Richter – mit der fraglichen Materie gut auskennen, die allein oder zu Dritt entscheiden und in nicht- öffentlichen, vertraulichen Verhandlungen. Der Ort des Zusammentreffens kann bequem „auf halber Strecke“ festgelegt werden, genauso wie die Regeln der Verhandlung selbst. Wer sich vor zu langen Vertragsklauseln scheut, setzt einen Verweis auf die Regelwerke international tätiger Schiedsvereinigungen ein, wie die International Chamber of Commerce (ICC) in Paris oder die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) in Köln. Die Sekretariate der Vereine organisieren dann im Streitfall auf Antrag einer Partei die Details des Schiedgerichts nach den Angaben der Parteien und nach ihren Regeln.

Wenn das alles so einfach und problemlos geht, warum haben dann so wenige Parteien, auch im Geschäftsleben, praktische Erfahrung mit Schiedsgerichten? Warum geht ein Aufschrei des Entsetzens durch das Volk, wenn im Rahmen von internationalen Verträgen von sog. Investitionsschiedsgerichten gesprochen wird (siehe CETA und TTIP), die fast schon an Geheimbünde erinnern? Am Ende liegt es wie so häufig an der mangelnden Bekanntheit und am Geld: die Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens ist teuer. Es lohnt sich erst wirklich ab einem hohen sechsstelligen Streitwert und der ist ja nicht alltäglich. Erfahrene Schiedsrichter und Experten lassen sich entsprechend ihrer Qualifikation bezahlen, Tagungsorte, Übersetzer, Verpflegung, Reisespesen sind Nebenkosten eines Schiedsgerichts, die nicht ignoriert werden können und es gilt keine gesetzliche Kosten- oder Gebührentabelle. Wirtschaftlich gibt es für die Streitfälle mit niedrigeren Streitwerten bessere Lösungen. Auch juristisch ist man nicht  völlig unabhängig, denn wenn das Schiedsurteil nicht freiwillig befolgt wird, muss man sich für die Vollstreckung doch wieder ans Gericht wenden.